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3.Jän 2021      2.Sonntag nach Weihnachten

Das Wort als Leitfigur

Joh 1,1–18

„Im Anfang war das Wort“ Schon in diesem ersten Satz seines Buches gelingt dem Verfasser des Johannes-Evangeliums das Kunststück, zwei Kulturkreise miteinander zu verbinden: Juden und Griechen. „IM ANFANG …“ heißt auf Hebräisch BERESJIT und einem religiösen Juden muss sofort das erste Buch seiner Bibel einfallen, wo es heißt: „Im Anfang schuf Gott Himmel und Erde … Gott sprach: Es werde Licht. Und es wurde Licht. … Und Gott nannte das Licht Tag und die Finsternis Nacht. Und es wurde Abend und es wurde Morgen: Tag eins.“ Die folgenden Tage heißen „zweiter Tag, dritter Tag usw.“ Am „Tag eins“ ist ein Grundprinzip des geistlichen Lebens genannt: „Licht“ – damit ist ein wesentlicher Zug des Schöpfungsaktes benannt, genau deshalb ist er unter den sieben als „Tag eins“ hervorgehoben. Im Johannesprolog wirkt das Licht wie eine geistliche Kraft, Johannes wird das Licht im übernächsten Vers aufgreifen und im Verlauf des Buches noch mehrmals erwähnen.

Nach dem ANFANG kommt der LOGOS ins Spiel und das ist der hochbeladene Begriff aus der griechischen Philosophie. Ihn einfach mit „das Wort“ zu  übersetzen, reicht nicht aus. Es ist mehr gemeint, nämlich „Rede, die etwas in Gang bringt“ – Plan – Vorhaben – Absicht – Logik – Leitwort. Um die Tragweite von LOGOS zu erahnen, müssen wir einen kurzen Spaziergang in die Anfänge der Philosophie machen: Ausgerechnet hier in Ephesus, wo um 90 n.Chr. das Johannes-Evangelium verfasst wurde und wo die Johannes-Gruppe der Nährboden für diese Schrift war, ausgerechnet hier hat Heraklit etwa 600 Jahre zuvor den Begriff LOGOS geprägt. Der griechische Philosoph verstand unter dem LOGOS die Weltvernunft. In ihr war die Ordnung des Alls begründet. Wie eine Anspielung darauf schreibt das Johannes-Evangelium gleich im 2.Vers: „Alles ist durch den LOGOS geworden und ohne ihn wurde nichts.“ Der Mensch konnte durch sein Denkvermögen daran teilhaben. Die Philosophenschule der Stoiker war in der römischen Elite weit verbreitet anstelle einer Religion. Sie knüpfte daran an. Sie gab dem LOGOS göttlichen Rang und stellte ihn an Gottes Seite als welterhaltende Kraft. Zusätzlich lehrten die Stoiker, dass „samenhafte Logos-Elemente“ in den einzelnen Menschen vorhanden seien. Die menschliche Seele sei ein Ausdruck Somit war die Logos-Lehre verbreitetes Bildungsgut in der Zeit, als das Neue Testament entstand. Der jüdische Glaubensdenker Philo von Alexandria (15 v.Chr. – 40 n.Chr.) griff den LOGOS auf und verknüpfte ihn mit der biblischen Lehre. Das Johannes-Evangelium begnügt sich vorerst mit dieser Erwähnung des LOGOS, es geht gleich einen Schritt weiter: „In ihm war das Leben und das Leben war das Licht der Menschen. Das Licht leuchtet in der Finsternis und die Finsternis hat es nicht erfasst.“ Meist wird übersetzt: „Die Finsternis hat es nicht erfasst/ nicht angenommen/ nicht begriffen.“ Das griechische Wort kann aber auch bedeuten: überwältigen, bezwingen, die Oberhand gewinnen. Die Finsternis war also nie stärker als das Licht.

Die Stoa war die einflussreichste Lebensphilosophie im römischen Reich, bevor das Christentum im 4.Jahrhundert zur Staatsreligion erhoben wurde. Der Autor des Johannes-Evangeliums scheint diese geistige Strömung zu kennen und er übersteigert sie noch deutlich: Was in den Philosophen-Schulen nur ein Begriff ist, wird nun eine Person: „Wir haben seine Herrlichkeit geschaut“

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Die philosophische Schule hat ihren Namen von der Wandelhalle. Die Stoa des Attalos stand in Athen auf der Agora (=Versammlungsplatz). Sie wurde im Jahr 267 zerstört und 1952 -1956 als Museum rekonstruiert (115 × 20 Meter).

Kunstvoll steigert Johannes das Thema – er  baut es in 7 Strophen auf – beginnend mit dem jüdischen Wort "Anfang" und dem griechischen "Logos". Erst in der letzten Strophe wird das Geheimnis gelüftet: der Name Jesus Christus.

Strophe 1 - LEITWORT
Im Ursprung war das LEITWORT schon vorhanden und das Leitwort war beim Schöpfer und das Leitwort hatte göttlichen Rang. Ja, es war ursprünglich bei Gott.

Strophe 2 - LICHT
Das Universum war nicht auf einmal da. Es „wurde“ nach und nach. Das Leitwort hat das Werden mitgeprägt. Es gab die Richtung vor und nicht ein Ding ist außerhalb oder vorbei an ihm entstanden. In ihm war Leben und die Menschheit hat zum Leben das LICHT gebraucht. Das Leben musste aufgehellt werden. Das Licht tritt in der Dunkelheit in Erscheinung und die Finsternis war dem Licht nicht überlegen. Nicht konnte die Finsternis das Licht überwältigen.

Strophe 3 - JOHANNES
Es erhob sich ein Mensch – nicht von sich aus, sondern abgesandt von Gott, sein Name war JOHANNES (gemeint ist der Täufer) Dieser kam als Zeuge. Sein Auftreten hatte den Zweck, dass er für das Licht eine Bestätigung abgab. Durch ihn fassten alle Vertrauen. Er selber war nicht die Verkörperung des Lichtes, sondern er wies darauf hin und bezeugte das Licht.

Strophe 4 - WAHRES LICHT
Es kam einer, der das WAHRE LICHT verkörperte. Dieser erhellt das Leben eines jeden Menschen. Er kam auf den Planeten, auf dem wir leben. Er war tatsächlich auf diesem Planeten, er war auf jener Erde, die sich immer schon auf ihn hin entwickeln sollte. Aber die Weltbevölkerung hat ihn nicht schätzen und lieben gelernt.

Strophe 5 - KINDER GOTTES SEIN
Er ist zu seinen eigenen Leuten gekommen, aber die Eigenen haben ihn nicht aufgenommen und wollten von ihm nichts wissen. Andere aber haben ihn aufgenommen, ihnen gab er allesamt die Ermächtigung, Gott als einen väterlich Guten kennen zu lernen. Diese durften sich zur GOTTESKINDSCHAFT hin entwickeln: das durften all jene, die seinem Namen volles Vertrauen entgegen brachten. Das sind die Menschen, die nicht mehr nach dem irdischen Getriebe leben. Ihr Streben entspringt nicht mehr dem männlichen Eigensinn, sondern diese Menschen sind von göttlicher Herkunft.

Strophe 6 - SEINEN GLANZ SCHAUEN
Das Leitwort ist in unseren Zeitrahmen eingestiegen und hat seine Behausung, sein Zelt in unserer Gesellschaft aufgeschlagen, ja, es ist unser Zeitgenosse geworden. Wir haben ihn geschaut, seinen Glanz, seinen strahlenden Sieg. Er erlangte die Herrlichkeit, wie sie ein Einziggeborener von einem Vater erlangt, wie sie ein Lieblingssohn bekommt. Was er brachte, war eine Fülle von Wohlwollen und Aufrichtigkeit. Es tat unglaublich gut und war durch und durch wahrhaftig.

Strophe 7 - DER NAME JESUS CHRISTUS
Johannes (gemeint ist der Täufer)  legt Zeugnis für ihn ab und schreit es hinaus: „Dieser war es, über den ich gesagt habe: Er, der nach mir kommt, ist vor mir entstanden,  weil er früher und ursprünglicher war als ich.“ Der Buchautor und die Herausgeber dieses Evangeliums steigern das Zeugnis des Johannes noch: „Aus seiner Fülle haben wir alle empfangen, Gnade über Gnade. Denn das Gesetz wurde durch Mose gegeben, die Gnade und die Wahrheit kamen durch JESUS CHRISTUS. Niemand hat Gott je gesehen. Der Einzige, der Gott ist und an der Herrlichkeit des Vaters ruht, er hat Kunde gebracht.“

JESUS CHRISTUS ist nicht bloß der Name dieser Person, sondern er ist Kraftquelle, er ist zum Halt geworden, Rettungsanker. „Denn es ist uns Menschen kein anderer Name unter dem Himmel gegeben, durch den wir gerettet werden sollen." (Apg 4,12) Den Namen zu kennen oder als Verehrung auszusprechen ist das Eine – aber das allein genügt nicht. Wer auf dem Licht-Weg reifen will, muss diesem Namen tiefes Vertrauen entgegen bringen und sich ihm verschreiben. Damit das Vertrauen zu ihm wachsen kann, ist ein Zweites nötig: Sich die Erzählungen regelmäßig veranschaulichen, die mit diesem Namen verknüpft sind: „Ihn schauen“. Dafür gibt das ganze folgende Johannes-Evangelium Hilfestellung: Es enthält Schilderungen, was sich um diesen Jesus Christus getan hat. Der Name "Jesus" und die Geschichten um ihn waren der wirkungsvolle Antrieb für die frühen Christen. Das wird es auch sein, was der heutigen Kirche die Kraft geben wird, die Zukunft zu bestehen. "Im Anfang war das Wort". Das Wort, das er selber ist, und das Wort, das sein Wirken beschreibt, beides bleibt der Ursprung, der Anfang, der Brunnen, aus dem wir schöpfen, gerade wenn wir in einer Zeit des Wandels stehen.

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