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24. Nov 2019

Christkönigs-Sonntag

Hingerichtet und doch König

Lukas 23, 35 – 43

Jesus am Kreuz, das ist doch Thema der Leidenswoche. Es passt vordergründig nicht zum Abschluss des Kirchenjahres. Und doch dient die Schilderung dazu, Christus als König darzustellen. Indem wir die Markus-Version (geschrieben Ende der 60er Jahre) und Lukas-Version (geschrieben in den 90er Jahren) sorgfältig vergleichen, erkennen wir deutlich, dass uns Lukas einen Jesus vorstellt, der in Würde stirbt – als König, so wie er immer sein Königtum verstanden hat.

Im ursprünglicheren Markus-Evangelium hauchte Jesus mit einem Schrei der Enttäuschung sein Leben aus: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ Das ging durch Mark und Bein und war so einprägsam, dass der Ruf im Originalton – aramäisch -  überliefert ist: „Eloi, eloi, lama sabachtani“ Wie konnte es nur so weit kommen? – Bis zum Gefühl von Gottverlassenheit? Auch wenn sich der qualvoll sterbende Jesus hier an ein vorgeformtes Gebet klammerte (Psalm 22), klang es niederschmetternd, dass dies sein letztes Wort gewesen sein soll, bevor er endgültig aushauchte. Schon Lukas 60 Jahre nach dem Ereignis fühlt sich genötigt, das Wort zu ersetzen durch ein sanfteres: „Vater, in deine Hände lege ich meinen Geist.“ Auch das lehnt sich an ein Psalm-Wort an (Psalm 31, dort ohne „Vater“). Lukas legt Jesus das in den Mund, aber tatsächlich gesprochen hat er es wohl nicht in seinen letzten Zügen. Lukas beschönigt hier. Gleichzeitig bedient er sich damit eines schriftstellerischen Kunstgriffes: Das erste Wort des jungen Jesus im Lukas-Evangelium nennt den „Vater“: Es ist der Zwölfjährige im Tempel, der seiner Mutter erwidert: „Wusstet ihr nicht, dass ich in dem sein muss, was meinem Vater gehört.“ (Lk 2,49) In seinem letztem Wort (laut Lukas-Evangelium!) nennt er wieder den „Vater“.

Es ist also zu erkennen, wie Lukas Geschehnisse umgestaltet, weil er eine Botschaft unterbringen will – nämlich, dass Jesus eine „andere Königsherrschaft“ verbreitet hat. So gestaltet er das Kreuz  in feinen Strichen um, damit es durchscheinend wird auf die Königsherrschaft Jesu. Das Kreuz wird zum Zeichen der Vollendung, des Sieges, des neuen Königtums. Bei Markus ist noch zu lesen: „Zusammen mit ihm kreuzigten sie zwei Räuber, den einen rechts, den anderen links. … Auch die beiden Männer, die mit ihm zusammen gekreuzigt wurden, beschimpften ihn“ (genauso wie die Hohenpriester und Schriftgelehrten). Lukas komponiert das großartige Zwiegespräch zwischen Jesus und dem rechten Verurteilten, um die entscheidende Botschaft unterzubringen: Der Augenblick des Sterbens Jesu öffnet das Tor zur neuen Herrschaftsordnung. Manche spotten darüber, manche nützen die Stunde, dass sie um Zugang bitten. Lukas will seinen Lesern klar machen: Es hat auch im letzten Augenblick noch einen Sinn, bei Jesus um Aufnahme zu bitten. Die beiden Mitgekreuzigten nennt Lukas deshalb nicht wie Markus „Räuber“, sondern „Böses-Tuer“, „Missetäter“ (meist wird unzutreffend mit „Verbrecher“ übersetzt). Lukas will damit erreichen, dass sich auch Menschen angesprochen fühlen und zu einer Vergebungsbitte durchringen, die keinen Raubmord begangen haben, aber doch einiges „am Kerbholz haben“. Das Dreiergespäch derer am Kreuz ist tief beeindruckend und hat in der christlichen Kunst nachhaltig Spuren hinterlassen.

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In der Pfarrkirche von Lasberg, Oberösterreich, ist im Altarbblock ein Kreuz aus Glas eingearbeitet. Darüber hängt als ovale Glasplatte nocheinmal das durchsichtige Kreuz.

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Vom  Kirchenraum aus sieht  der Besucher durch das Kreuz im Glas in den Altar-raum.(am Foto nicht so auffällig erkennbar!). So wird das Kreuz durch-scheinend auf die Königsherrschaft  des Christus hin . Lukas hätte seine Freude damit.

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Es ist aber unvorstellbar, dass am Kreuz Hängende, die stundenlang um Luft ringen und sich immer wieder unter äußersten Schmerzen hochstemmen, um nach Luft zu schnappen, …. unvorstellbar, dass die so ein Gespräch  führen. Gekreuzigte erleiden schlussendlich einen erbärmlichen Erstickungstod. Somit ist das Gespräch der drei Gekreuzigten historisch unwahrscheinlich. Der letzte Satz, den Lukas dem sterbenden Jesus in den Mund legt, verrät eindeutig ein lukanisches Leittheman „HEUTE noch wirst du mit mir im Paradies sein.“ Das Wort Paradies kommt sonst nie im Munde Jesu vor – überhaupt nur zwei Mal im gesamtem Neuen Testament. HEUTE ist ein Lieblingswort des Lukas, es ist für ihn bedeutungsschwer. Viermal im Evangelium steht betont an Wendepunkten dieses Heute: (1) bei der Geburt Jesu verkünden die Boten des Himmels den Hirten: „Heute ist euch der Retter geboren!“ In Nazaret lässt Lukas den neuen geisterfüllten Lehrer Jesus eine Antrittspredigt halten: „Heute hat sich dieses Schriftwort erfüllt.“ Beim Aufenthalt Jesu im Haus des Oberzöllners  erklingt sogar ein doppeltes Heute: „Zachäus, komm eilends herunter, denn ich muss heute in deinem Haus bleiben. …. Heute ist diesem Haus Heil geschenkte worden.“ und hier am Kreuz gegenüber dem Mitgekreuzigten: „Heute noch wirst du mit mir im Paradies sein!“

Lukas verfolgt damit ein dringendes Anliegen: Wir HEUTE sollen uns ansprechen lassen. Wir dürfen in unserem persönlichen Kreuz die Herrschaft Gottes als durchscheinend erkennen. Ob eine schwere Erkrankung, ob der Verlust eines wertvollen Menschen, ob das Scheitern eines großen Vorhabens – diese Ereignisse sind im Augenblick schmerzlich, aber hinterher betrachtet – im Nachhinein – können sie sich als Durchbruch der Gottesnähe erweisen. Die Ordnung der Liebe, des Angenommen-Seins, setzt sich bei denen durch, die sich danach sehnen und die Sehnsucht aussprechen vor Gott. Es ist dafür nie zu spät. Nehmen wir an, dass Lukas die Sache nicht vollkommen frei erfunden hat. Irgend „etwas“ war da. Vielleicht der ehrliche Schrei um Rettung in letzter Minute. Jesus hat sie nicht verweigert. Somit war der letzte,, dem Jesus noch die „Staatsbürgerschaft in seinem Königreich“ zuerkannt hat, ein Missetäter. So bunt und vielfältig ist schlussendlich sein Reich. Diese Buntheit wird sich in seiner Kirche widerspiegeln.

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