top of page

2.Nov. 2025      Allerseelen Sonntag 

Aus dem Tod ins Leben hinüber gehen

Joh 5,24-29

Jesus sagte zu den Juden: Amen, amen, ich sage euch: Wer mein Wort hört und dem glaubt, der mich gesandt hat, hat das ewige Leben; er kommt nicht ins Gericht, sondern ist aus dem Tod ins Leben hinübergegangen. Amen, amen, ich sage euch: Die Stunde kommt und sie ist schon da, in der die Toten die Stimme des Sohnes Gottes hören werden; und alle, die sie hören, werden leben. Denn wie der Vater das Leben in sich hat, so hat er auch dem Sohn gegeben, das Leben in sich zu haben. Und er hat ihm Vollmacht gegeben, Gericht zu halten, weil er der Menschensohn ist. Wundert euch nicht darüber! Die Stunde kommt, in der alle, die in den Gräbern sind, seine Stimme hören und herauskommen werden: Die das Gute getan haben, werden zum Leben auferstehen, die das Böse getan haben, werden zum Gericht auferstehen.

Wir haben einen schwer verständlichen Text vor uns. Am ehesten wird er uns einsichtig, wenn wir ihn in Einzelabschnitte aufteilen und so beleuchten. Außerdem werden wir auf das eine Leitwort näher eingehen: Gericht.

Wer mein Wort hört und dem glaubt, der mich gesandt hat, hat das ewige Leben; er kommt nicht ins Gericht, sondern ist aus dem Tod ins Leben hinübergegangen. 

Die Voraussetzung, damit jemand dem Gericht entgeht, ist, dass er das Wort Jesu offenherzig in sich aufnimmt. Wenn er dem Wort immer wieder lauscht und es in sich vertieft, dann wird er von dem Wort auch geprägt und es nimmt Gestalt in seinem Leben an. Mit dem Wort sind nicht nur die Worte und Sätze gemeint. Das würde im Griechischen RHEMA heißen. Hier heißt es LOGOS. Das ist Leitwort. Es ist das Wort, dem man folgt als Leitmotiv fürs Leben, das einen Sinnzusammenhang bietet und das in sich Auftragscharakter hat. Wer also horcht auf das Leitwort … Und wer zusätzlich dem vertraut, in dessen Auftrag Jesus gekommen ist, …  Hier sagt Jesus nicht einfach: Wer Gott vertraut. Er sagt auch nicht, wer meinem Vater vertraut.

grapes-553462_1920 web.jpg

Nach den Früchten wird der Mensch beurteilt im Gericht Gottes.

Stattdessen sagt er: Der mich gesandt hat. Er formuliert es deshalb so, weil er vor strenggläubigen Juden steht, die ihm nicht trauen, dass er ein Gottesgesandter ist. Wir befinden uns im Erzählzusammenhang vor der Stadt Jerusalem, wo Jesus gerade einen seit 38 Jahren Gelähmten aufstehen hat lassen. Die  Heilung erfolgte an einem Sabbat. Deshalb misstrauten die Hüter der Religion Jesu: So kann er kein von Gott Gesandter sein. Also die Botschaft Jesu als Leitmotiv annehmen, sich Gott ganz anvertrauen, das sind die beiden Voraussetzungen, um ein Leben zu gewinnen, dass unzerstörbar ist, nicht zerrüttet werden kann – von ewigem Bestand ist. Wer so lebt, braucht kein Gericht zu fürchten. Es bleibt ihm zwar der Tod nicht erspart – denn der bleibt niemandem erspart – aber er geht hinüber ins volle Leben. Seltsamerweise heißt es nicht: Er wird hinübergehen, sondern der Ortwechsel ist jetzt schon vollzogen. Er ist hinüber gegangen. Das heißt schon in diesem Leben steht das Künftige fest. Durch den Glauben an Christus ist schon vorweggenommen, wie die Entscheidung beim künftigen Gericht ausfallen wird, ebenso steht es fest bei denen, wo es Gleichgültigkeit oder ein Nein zur Botschaft Jesu gibt.

Die Toten werden die Stimme des Sohnes Gottes hören

Wie ist das zu verstehen? Sind mit den Toten jene gemeint, die das Evangelium bisher noch nicht erreicht hat? Sie haben noch nicht das Leben, sie laufen hinter toten Dingen her, aber auch bis zu ihnen wird das befreiende Wort durchdringen. Es gibt für Gott keine aussichtslosen Bereiche.

Und er hat ihm Vollmacht gegeben, Gericht zu halten, weil er der Menschensohn ist.

Nach jüdischer Vorstellung gibt es ein Gottesgericht über die Völker und über jeden Einzelnen. Sie werden sich vor Gott verantworten müssen. Erst durch Christus bekommt das Gericht neue Akzente: Erstens überlässt Gott die Richterschaft dem Menschensohn Jesus. Zweitens ist das Gericht nicht etwas in ferner Zukunft, sondern es ragt schon in die Gegenwart herein. Für Paulus ist das ein Bestandteil seines Evangeliums, wie er es in allen Gemeinden verkündet: „Wir alle müssen vor dem Richterstuhl Christi offenbar werden, damit jeder seinen Lohn empfängt, für das Gute oder das Böse, das er im irdischen Leben getan hat.“ (2 Kor 5,10) Es wird uns also nicht eine Liste unserer Sünden vorgetragen, sondern es kommt ans Licht, sowohl das Gute als auch das Böse. Der Mensch wird sich nicht wie vor einem weltlichen Gericht verteidigen gegen Anklagen, sondern es wird ihm klar vor Augen geführt durch eine Lebensschau.  Den Gemeinden in Rom schreibt Paulus: „Du aber, was richtest du deinen Bruder? Und du, was verachtest du deinen Bruder? Wir werden doch alle vor dem Richterstuhl Gottes stehen. … Also wird jeder vor Gott Rechenschaft über sich ablegen.“  (Röm 14,10) Schon am Beginn des Römerbriefes befasst sich Paulus mit der Frage, wie denn die beurteilt werden, die Gottes Gebote gar nicht kennen. „… die das Gesetz Gottes nicht haben … ihr Gewissen legt Zeugnis davon ab … es kommt der Tag, an dem Gott das, was im Menschen verborgen ist, durch Christus Jesus richten wird – so habe ich es verkündet in meinem Evangelium“. (Röm 22,16) In seinem erstverfassten Brief schreibt Paulus: „Jesus ist vom Himmel her zu erwarten … Er entreißt uns dem kommenden Zorn“ (1Thess1,10) Diese von Paulus vorgetragenen Wahrheiten sind nicht einfach seine persönlichen  Vorstellungen. Sie sind im frühen Christentum verankertes Glaubensgut. Auch Petrus verkündet es so, wenn er vor der Hausgemeinschaft des Hauptmanns Kornelius spricht: „Gott hat uns geboten, dem Volk zu verkünden und zu bezeugen. Jesus ist der von Gott eingesetzte Richter der Lebenden und der Toten … jeder der an ihn glaubt … erlangt Vergebung der Sünden.“ (Apg 10,42)

Aus diesen Zitaten lässt sich erkennen, dass wer als Christ lebt, nicht in Angst auf das Gottesgericht hinzufiebern braucht. Es ist eine bevorstehende Unvermeidbarkeit – für jeden Menschen auf dem Globus. Die menschliche Existenz spielt sich nicht im Rahmen des Unverbindlichen ab, es ist nicht beliebig, wie sich ein Mensch verhält.  Es wird eine umfassende Gerechtigkeit geben. Das ist tröstlich für die im Leben zu kurz Gekommenen und eine Warnung für die, die vieles an sich gerissen haben. Ob der Trost oder die Warnung bei den Betreffenden schon zu Lebzeiten ankommt, sei dahin gestellt. Jedenfalls wird Gott Rechenschaft darüber fordern. Als Maßstab in der Beurteilung wird jedem das wahre Menschsein vor Augen geführt, wie es hätte sein können – sinnbildlich „der Menschensohn“

Impressum

Datenschutz ©Martin Zellinger

Mag. Martin Zellinger              Bibeltheologe, Reiseleiter & Eigentümer Lester Hof

Lest 1, 4212 Kefermarkt          e-mail: m.zellinger@aon.at         Telefon: +43 (0) 699 11 50 66 45

bottom of page