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5. April 2020

Palm-Sonntag

Jesus zieht in Jerusalem als Sanfter ein

Mt 21,1-11

Woher hat der Palmsonntag seinen Namen, wenn das Matthäus-Evangelium nichts von Palmzweigen sagt? Es schildert nur, dass viele Menschen Zweige von den Bäumen schnitten und auf den Weg streuten. Am Ölberg wachsen keine Palmen, aber jede Menge Oliven-Bäume. Nur das Johannes-Evangelium erzählt: „Die große Volksmenge, die zum Fest gekommen war, hörte: >Jesus kommt nach Jerusalem.< Da nahmen sie Palmzweige und zogen hinaus, um ihn zu empfangen.“ (Joh 12,12f) Zwei Absätze vorher, hatte Johannes seine Leser noch wissen lassen: „Das Paschafest der Juden war nahe und viele zogen schon vor dem Paschafest aus dem ganzen Land nach Jerusalem hinauf, um sich zu heiligen. Sie suchten Jesus und sagten zueinander, während sie im Tempel zusammen standen: Was meint ihr? Er wird wohl kaum zum Fest kommen.“ (Joh 11,55f) Die jüdische Führung – unterstützt von den Strenggläubigen – hatte einen Fahndungsaufruf gegen Jesus erlassen. Es gab schon den Beschluss, ihn zu töten.

Was Johannes schreibt, scheint dem tatsächlichen Hergang genauer zu entsprechen. Unter den schon eingetroffenen Festpilgern in der Stadt hat sich offenbar die Überzeugung breit gemacht: Wenn er trotz dieser Bedrohung kommt, dann nur um dem Hohenpriester und den Strenggläubigen seine Macht zu zeigen und sie zu überwinden und abzusetzen. Jetzt sei der Zeitpunkt gekommen, an dem ihnen Jesus endlich die Stirn bieten würde. Er würde sich an diesem Paschafest selbst zum Hohenpriester und König ausrufen, ähnlich wie es 170 Jahre zuvor Simeon getan hatte, während des Makkabäer-Aufstandes: Simeon eroberte die Festung und reinigte sofort die Stadt von den Unreinheiten. Mit ihm zogen die Israeliten mit Lobgesang und Palmzweigen ein. Simeon setzte fest, dass dieser Tag jährlich feierlich begangen werden solle. (1 Makk 13,51) Es war das Jahr 1 der gereinigten jüdischen Herrschaft. Palmen wurden auf Münzen als Siegeszeichen abgebildet. Nun würde mit Jesus aus Nazaret neuerlich das Jahr 1 anbrechen. Deshalb zogen viele Juden die knappen 3 Kilometer hinaus, wo Jesus sein Pilgerquartier hatte, nach Betanien gleich östlich vom Ölberg. Symbole können eine gewaltige Aussagekraft haben, deshalb tauchten sie mit den Palmzeigen auf. Jesus verstand die Botschaft, war darüber aber nicht glücklich. Was sollte er tun? Er konnte dem ganzen nur ein anderes Symbol entgegen setzen. Der VATER zeigte ihm eines. "Was ich sage, sage ich so, wie es mir der Vater gesagt hat." (Joh12,30)

Denn entschwinden vor den Zumutungen seiner Stimmungsmacher konnte er jetzt nicht mehr.  Das war ihm bei dem Paschafest vor 2 Jahren noch gelungen, das er damals in Galiläa statt in Jerusalem feierte. Damals wollten sie ihn ebenso zum Staatsoberhaupt und König ausrufen, weil er die riesige Volksmenge mit Brot und Fisch versorgt hatte: 5000 Männer – Frauen und Kinder nicht mitgezählt. Jesus erkannte damals schon, dass sie gekommen waren, um ihn gegen seinen Willen zum König zu machen (Joh 6,15) Diesmal in Betanien – so nahe vor den Toren Jerusalems – wäre es eine Kleinigkeit gewesen, sich der staatlichen Führung und der religiösen Führung zu bemächtigen. Schon ertönte der Pilgerpsalm 118 in Sprechchören: „Gesegnet sei, der da kommt im Namen des Herrn. Wir segnen euch vom Haus des Herrn her. Tanzt den Festreigen mit Zweigen.“ Jesus war aber ganz und gar nicht zum Tanzen zumute, denn diese Regierungsform war nicht der Auftrag des VATERS. Jesus konnte sich dem Ganzen nicht mehr entziehen,  aber der VATER zeigte ihm einen Ausweg: den Esel als Reittier und das dazu passende Schriftwort. Johannes schreibt: „Jesus fand einen jungen Esel und setzte sich darauf.“

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Wir waren mit dem Rad durch Israel unterwegs. Der Beduine war einverstanden, dass wir ein wenig auf seinem Esel ritten. Ein Staatsoberhaupt würde nicht ein so bescheidenes Reittier benützen, um sich zu präsentieren - auch kein Fahrrad.

Matthäus schreibt ein wenig anders: „Jesus schickte zwei Jünger voraus und sagte zu ihnen: Geht in das Dorf, das vor euch liegt, dort werdet ihr eine Eselin angebunden finden und ein Fohlen bei ihr. Bindet sie los und bringt sie zu mir. Und wenn euch jemand zur Rede stellt, dann sagt: Der Herr braucht sie.“ (Mt 21,2f). Mit „der Herr braucht sie“ meint Jesus nicht sich selbst, sondern den HERRN, den Allmächtigen. Nach Jesu Überzeugung war es nicht im Plan Gottes, dass er hoch zu Ross einritt. Wenn er schon demonstrativ in die heilige Stadt einzog, dann als Friedensherrscher. So steht es schon beim Propheten Sacharia: „Juble laut, Tochter Zion! Jauchze, Tochter Jerusalem! Siehe, dein König kommt zu dir. Gerecht ist er und Rettung wurde ihm zuteil, demütig ist er und reitet auf einem Esel. Ausmerzen wird er die Streitwagen ... und die Rosse aus Jerusalem, ausgemerzt wird der Kriegsbogen.“ (Sach 9,9) Was Jesus mit diesem starken Symbol ausdrücken wollte, „das alles verstanden seine Jünger zunächst nicht.“ (Joh 12,16) Matthäus hingegen deutet an, dass sie es doch verstanden haben, wenn er schreibt: „Viele Menschen breiteten ihre Kleider auf der Straße aus.“ Damit wird einem Kenner das Schriftwort in Erinnerung gerufen: „So spricht der Herr: Ich salbe dich zum König über Israel. Sogleich nahmen sie alle ihre Kleider, legten sie ihm zu Füßen auf die bloßen Stufen, stießen ins Horn und riefen: Jehu ist König.“ (2 Kön ,12f). Den friedvollen Weg, den sanften Weg  hatte Jesus in den Seligpreisungen gelehrt: „Selig, die Sanften, denn sie werden das Land erben.“ (Mt 5,5) Jesus war überzeugt, dass sein sanfter Herrschaftsstil langfristig zur Landübernahme führen würde, deshalb der Eselsritt als Symbolgeste.

Das vorerst einmal zu begreifen, dann auch auszuprobieren und schließlich auch bestätigt zu bekommen, das braucht Zeit. Die Jünger begriffen es „zunächst nicht“, aber Jesus hatte mit dem bescheidenen Eselsritt ein weit in die Zukunft leuchtendes Denkmal oder Mahnmal gesetzt. Es würde sein irdisches Leben für immer überdauern und künftige Anhänger und Schüler ewig erinnern. Geht den sanften Weg! Er führt vielleicht nicht sofort  zum Erfolg. Der harte überlegene Stil scheint mehr Kraft zu haben. Aber auf lange Sicht wird sich die Führungskraft „auf dem Esel“ durchsetzen und sein friedvoll-sanfter Stil Erfolg haben.

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