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6. Okt 2019
27.Sonntag im Jkr

Glauben oder nicht

Diesmal hat der Text-Abschnitt zwei unterschiedliche Themen: 1. Glauben 2. Die Schuldigkeit tun. Wir gehen nur auf das erste ein.  In ein ursprüngliches Jesuswort hat Lukas wieder stark eingegriffen, bedingt durch seine Zeitumstände, in denen er schreibt. In den Gemeinden ist die Naherwartung schon geschwunden. Paulus war in den 50er Jahren noch überzeugt, dass das  erneute Kommen Christi kurz bevor stünde. Das war in den 90er Jahren der lukanischen Gemeinden immer noch nicht wahr geworden – zumindest nicht so, wie man es sich vorstellte. Der Glaube wurde schwach, die Vorsteher fragten sich: Wie können wir den Herrn bitten, dass er die Glaubenskraft wieder stärkt wie in den Anfangszeiten.

​Schon diese Bitte der hier als „Apostel“ bezeichneten Gemeinde-Vorsteher ist unzulässig: „Stärke unseren Glauben!“ Glaube ist nicht etwas, von dem man wenig oder mehr hat. Entweder vertraust du oder du zögerst, dann vertraust du eben nicht. Du gehst ein Wagnis ein oder du lässt es bleiben. Bei Glauben gibt es nur ein Entweder-Oder. Die Bitte der Gemeinde-Verantwortlichen zur Zeit des Lukas lautet aber: "Gib uns mehr davon." Dem steht die Aufforderung entgegen, die aus dem Mund Jesu stammt: „Haltet fest am dem Glauben, dass es  bei Gott immer Möglichkeiten gibt“ (Siehe Mk 11,22) Oft wird zwar das Jesus-Wort übersetzt: „Habt Glauben an Gott“, aber der Originaltext meint: „Behaltet den Glauben, werft ihn nicht über Bord. Gebt ihn nicht auf.“ Jesus ermuntert selbst dazu, sich ganz darauf einzulassen: „Mach die guten Erfahrungen damit! Speichere sie! Sollten sie dir doch einmal abhanden kommen, dann hol sie dir wieder ins Gedächtnis. Halte daran wieder fest.“ Daran fügt er eine Grundregel zum Glauben. Sie klingt bei Lukas anders als bei Markus:

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Der Maulbeer-Baum hat einen so dicken Stamm, dass ihn 3 Mann nicht umfassen können - hier im Jordan-Park. Die weit ausladende Krone lässt auf ein mächtiges Wurzelwerk schließen.

Wir stellen die Lukas-Version dem Markus-Text gegenüber

Lukas                                                                       Markus

Wenn euer Glaube auch nur so groß wäre wie ein Senfkorn,

würdet ihr zu diesem Maulbeerbaum sagen:

Entwurzle dich, und verpflanz dich ins Meer!,

und er würde euch gehorchen

Amen, ich sage euch:

Wenn jemand zu diesem Berg sagt:

Heb dich empor und stürz dich ins Meer!

Und wenn er im Herzen nicht zweifelt, sondern glaubt, dass geschieht was er sagt, dann wird es geschehen.

Die Unterschiede sind klar ersichtlich: Lukas schreibt: „Wenn … wäre, würdet ihr sagen, … und er würde gehorchen.“ Der unreale Unterton ist nicht zu überhören. Markus schreibt hingegen real: „Wenn jemand sagt: …nicht zweifelt, sondern glaubt, … dann wird es geschehen.“ Diese-Darstellung ist eine kraftvolle Zusage, sie ist spürbar Jesus näher. Lukas hat den „Berg“ umgeschrieben auf einen Maulbeer-Baum. In das Bild des Berges lässt sich ein Berg Sorgen hinein legen, das ins Meer versenkt wird, wenn man daran glaubt. Das ist wirklich möglich. Real! Wer einen Maulbeerbaum gesehen hat, der weiß, dass 3 Männer den Stamm nicht umfassen können und dass die mächtig ausladende Krone auf ein riesiges Wurzelwerk schließen lässt. Wenn Lukas vom „entwurzeln“ spricht, spielt er vielleicht darauf an, dass jemand entwurzelt werden muss, wenn er zur Christus-Gemeinde übertreten will, er wird aus seiner bisherigen Familie oder Berufswelt entwurzelt. „Es gäbe genug Menschen, die auf euch horchen würden, wenn ihr das Evangelium überzeugend vermitteln und glaubwürdig leben würdet. Sie würden sich verpflanzen lassen in das Meer der Liebe.“ Lukas schreibt „würde“, weil er den wirksamen Glauben bei denen vermisst, die Apostel sein sollten.

Ereignisse aus der Gegenwart belegen, dass der Glaube Berge versetzende Kraft hat. Führen wir uns 2 Beispiele vor Augen:

1. Die Berliner Mauer ist im November 1989 gefallen. Über 28 Jahre lang hatte sie Deutschland geteilt. Obwohl eine Weltmacht, die damalige Sowjetunion, dahinter stand, brachte sie die unerschütterliche Überzeugung einer kleinen Gruppe zum Einsturz. Glaube erreichte mehr als Kriegspanzer.

2. Das 16 jährige schwedische Mädchen hat durch ihren überzeugten Einsatz zum Klimaschutz eine globale Bewegung ins Rollen gebracht: Friday for future. Das amerikanische Magazin Time hat sie in die Liste der 100 einflussreichsten Persönlichkeiten des Jahres 2019 aufgenommen und sie hat Politiker in der UNO tief beeindruckt.

 

Noch eine wichtige Ergänzung: Glauben ist an Taten gekoppelt. Glauben heißt nicht, sich fest darauf besinnen, dass das Große von selbst geschieht. Man muss hartnäckig dahinter sein, nicht aufgeben. Man muss etwas unternehmen und wenn ein Versuch scheitert, einen anderen starten. Vor kurzem zeigte sich das mir und meiner Kollegin deutlich, als wir bei der umfangreichen Ausstellung der biblischen Figuren im Bildungshaus Seitenstetten die Szene nachstellten, in der 4 Männer einen Gelähmten auf ein Flachdach schleppten. Nachdem sie ihn dann zu Jesus hinunter geseilt hatten, begann Jesus nicht gleich mit der Heilbehandlung, sondern würdigte zuallererst deren Glauben: „… als er ihren Glauben sah…“ Damit meinte er nicht bloß ihr Vertrauen ihm gegenüber, sondern auch die Anstrengung, die sie überzeugt auf sich genommen hatten.

Daran war wirklicher Glaube zu erkennen: Sie schleppten den Behinderten auf das Flachdach, rissen es auf und ließen ihn auf seiner Liegematte hinunter - dort, wo Jesus war.

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Das  gemeinsame Aufstellen der Szenenabfolge macht es möglich, das Ereigniss von damals gut nachempfinden - zu sehen im Bildungshaus St.Berthold, Seitenstetten NÖ

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Datenschutz ©Martin Zellinger

Mag. Martin Zellinger              Bibeltheologe, Reiseleiter & Eigentümer Lester Hof

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