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8. März 2020
2.Fasten-Sonntag

Im Menschen schlummert die Lichtgestalt

Mt 17,1-8

Nach mittelweile 35 Reisen ins Heilige Land bin ich im Februar 2017 erstmals auf den Berg Tabor gewandert. Ein paar freie Tage in Nazaret haben es mir ermöglicht. Vielleicht musste meine Zeit erst reif werden. Mit Taxi hinauf zu fahren, wäre für mich nie in Frage gekommen. Ihn einen „Berg“ (588m ü.M.) zu nennen, ist für unsere österreichischen Verhältnisse übertrieben, „Hügel“ wäre entsprechender. Aber er ragt markant alleinstehend 450 m aus der Jesrel-Ebene auf. Bei meiner „Erstbesteigung“ wurde mir manches klar. Es war eine starke perönliche Erfahrung, sie ich später  durch Wissen aus Bibel-Kommentaren und Wikipedia ergänzt habe.

Zunächst zum  Wissen: ① Manche Ausleger bezweifeln, dass der Tabor tatsächlich der Berg der Verklärung war. Sie lokalisieren ihn eher in den Golan oder zum Berg Hermon. Der Tabor-Gipfel ist in 4 Std. von Nazaret Zentrum (dem damaligen Wohnhaus Jesu) zu Fuß  erreichbar: Der 15 km lange großteils bewaldete Weg hat es in sich, weil er zuerst hinauf, dann hinab ins Tal und schließlich zügig hinauf zum Gipfel verläuft.

Israel 2017 Nazaret 20170217_087 web.jpg

Der Berg Tabor ist im weitem Umkreis gut erkennbar, weil er unvermittelt aus der Ebene erhebt und abgesondert steht.

② Im Evangelium ist eine 3stufige Steigerung der Selbst-Offenbarung Jesu zu erkennen: Am Jordan, nach der Taufe wird ihm selber - nur ihm - geoffenbart: „Du bist mein geliebter Sohn“. Während der Verklärung wird den 3 engsten Vertrauten erklärt: „Dieser ist mein geliebter Sohn.“ Nach dem Sterben am Kreuz bekennt der Leiter des Hinrichtungskommandos (ein Nicht-Gläubiger): „Dieser war ein Gottes Sohn.“ ③ Es handelt sich um eine sehr komplexe 3stufige Vision und Audition, so nennt es der Professor für Neues Testament, Massimo Grilli von der Universität Gregoriana in Rom. Jesus wurde vor ihnen verwandelt zu einer lichtdurchströmten Gestalt. Das „Taborlicht“ spielt in einer Spiritualität, die seit dem 12.Jahrhundert bezeugt ist, eine bedeutende Rolle. Mönche vor allem am Berg Athos bestätigen, dass das Licht im Zustand der völligen Ruhe wahrgenommen werden kann. ④ Es tauchen zwei Persönlichkeiten auf, die das jüdische Volk und seine Spiritualität geprägt haben: Mose, der 1200 Jahren zuvor die jüdischen Stämme aus der Unterdrückung heraus geführt und sie durch das Gesetz zum Volk geeint hat. Dazu kommt Elias, der 800 Jahren  davor leidenschaftlich zum ursprünglichen Vertrauen auf Jahwe aufgerufen hat. Jesus steht mit den beiden großen Gestalten des jüdischen Glaubens im Dialog, während er sein innerstes Wesen zeigt. Das könnte wegweisend für den christlich-jüdischen Dialog sein. ⑤ Petrus drückt sein Wohlgefühl aus und hat gleich die Idee: Wir könnten hier eine 3fache Verehrungsstätte errichten, ein Pilgerziel, Treffpunkt-Zelte. Schon im nächsten Satz wird dieser dumme Plan mit seiner Benommenheit entschuldigt. Die katholische Ordensgemeinschaft der Franziskaner hat inzwischen mehr als nur drei Hütten hergebaut: nämlich eine gewaltige Basilika. ⑥ Die Stimme aus der Wolke gibt den Auftrag: „Auf ihn sollt ihr hören“ ... und klarerweise das Gehörte tun! (Im Matthäus-Evangelium hat der Leser schon 10 Kapitel vorher als Abschluss der Lehrrede Jesu erfahren: „Wer diese meine Worte hört und danach handelt, ist wie ein kluger Mann …“ Mt 7,21)

 

Nun meine persönlich Erfahrung: Als ich den Heimweg vom Gipfel antrat, war es schon 16 h und ich machte mir Sorgen, ob ich unten im Tal noch einen Linien-Bus zurück nach Nazaret finden würde – zu Fuß war es zu weit. Ich wählte zum Abstieg die Asphaltstraße und schon nach der ersten Kurve hielt ein Auto an. Es war voll besetzt von jener jungen jüdischen Familie aus Tel Aviv, mit der ich 1 Stunde zuvor geplaudert hatte. „Willst du mitfahren?“ Gerne nahm ich die Einladung an und fragte unterwegs, ob sie an einem Busbahnhof vorbei kommen würden. „Wo musst du hin?“ „Nach Nazaret – das ist aber für euch ein Umweg.“ Sie brachten mich bis vor die Haustür meines Quartiers.  Ich dankte dem Himmel und versuchte mich nochmals zurück zu versetzen in die Zeit Jesu: Der Tabor muss sein geliebter Hausberg gewesen sein, noch bevor er mit seiner Lehrtätigkeit als Rabbi begann. Dorthin eilte er regelmäßig, wenn er von der Baustelle ein paar Tage frei hatte. Am Weg beschäftigte er sich wohl gedanklich mit den weisen Gesetzen, die Mose von Gott empfangen hatte und wie er sie umdeuten und vertiefen würde. Ebenso kam ihm bei den Weggabelungen Elias in den Sinn, wie er kreuz und quer im Land unterwegs war, getrieben von der Leidenschaft für den wahren Glauben und verfolgt von Gegnern. Wie oft wird Jesus auf diesem Berg wieder zur vollkommenen inneren Ruhe gefunden haben!! Diesen Ort wollte er seinen drei engsten Begleitern zeigen, da brach dieses Licht aus seinem Inneren auf.

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