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15.Sept. 2024      24.Sonntag im Jahreskreis

Tritt hinter mich  zurück!

Markus 8, 17-35

Jesus ging mit seinen Jüngern in die Dörfer bei Cäsarea Philippi. Auf dem Weg fragte er die Jünger: Für wen halten mich die Menschen? Sie sagten zu ihm: Einige für Johannes den Täufer, andere für Elija, wieder andere für sonst einen von den Propheten. Da fragte er sie: Ihr aber, für wen haltet ihr mich? Simon Petrus antwortete ihm: Du bist der Christus! Doch er gebot ihnen, niemandem etwas über ihn zu sagen. Dann begann er, sie darüber zu belehren: Der Menschensohn muss vieles erleiden und von den Ältesten, den Hohepriestern und den Schriftgelehrten verworfen werden; er muss getötet werden und nach drei Tagen auferstehen. Und er redete mit Freimut darüber. Da nahm ihn Petrus beiseite und begann, ihn zurechtzuweisen. Jesus aber wandte sich um, sah seine Jünger an und wies Petrus mit den Worten zurecht: Tritt hinter mich, du Satan! Denn du hast nicht das im Sinn, was Gott will, sondern was die Menschen wollen.

Er rief die Volksmenge und seine Jünger zu sich und sagte: Wenn einer hinter mir hergehen will, verleugne er sich selbst, nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach. Denn wer sein Leben retten will, wird es verlieren; wer aber sein Leben um meinetwillen und um des Evangeliums willen verliert, wird es retten.

Das Folgende ist auch als Hörstück abrufbar. Siehe

https://cba.media/673047

Das Lesestück ist diesmal voller Gefühlsschwankungen: Zuerst lässt Jesus seinen engsten Vertrauten das freudige Geständnis ablegen: „Für uns bist du der Gesalbte. Du bist der Erwählte. Du bist dieser Einmalige, von dem unser Volk immer schon geträumt hat. Du erfüllst die Ansprüche.“ Simon Petrus ist glücklich, dass es endlich ausgesprochen ist.  Er hat im Namen der Zwölf gesprochen.  Und er ist überzeugt: In Kürze wird sich auch der ersehnte Erfolg des Messias einstellen. Das Imperium Gottes wird wahr. Gleich danach bremst sie Jesus ein in ihrem Überschwang, der in die falsche Richtung geht. „Ich werde nicht dem gängigen Führer- und Retter-Bild entsprechen. Die höchste religiöse Behörde wird Sitzungen einberufen und mich prüfen und ... – mich – verwerfen. Es wird ein Ausschluss aus der Glaubensgemeinschaft. Aber damit werden sie sich nicht begnügen. Sie werden meine Sendung insgesamt zu vernichten suchen, indem sie mich umbringen. Töten werden sie mich können, vernichten aber nicht. Das Sterben wird erst recht zu meinem vollen Durchbruch führen. Ich werde nach einer Drei-Tages-Frist zum Leben aufstehen.“ Petrus als Gruppensprecher stellt sich vorne hin und ruft: „Stopp! Diesen grausamen Weg darfst du nicht einmal denken, geschweige denn einschlagen.“ Jesus verweist ihn nach hinten: „Tritt hinter mich zurück!“  Und er nennt ihn „Satan“. Damit bezeichnet er ihn nicht als den Bösen, sondern als den, der Jesus vom Weg Gottes abbringen will, der die ganze Anhängerschar vom Heilsplan weg lockt. Satan ist nicht „das Böse“, sondern das, was ablenkt vom guten heilsamen Weg und zwar durch verlockende Angebote.

Das Lesestück schließt damit, dass nun gerade die belehrt werden, die Jesus als den Strahlemann schätzen. Sie sehen in ihm den Helden, und haben das nötige Selbstvertrauen, dass sie sich ihm anbieten. „Wir sind bereit für dich, wir wollen uns dir anschließen.“ Diese Begeisterten werden jetzt aufgeklärt: „Wenn einer hinter mir her gehen will, verleugne er sich selbst, nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach.“ Was meint der Meister damit? Das können wir uns bis heute nach 2000 Jahren fragen.  Er verlangt vom Bewerber, dass er seine Eigenidentität aufgibt. Worauf er bisher stolz war, das kann er vergessen. Bei Vorstellungsgesprächen in heutigen Unternehmen ist gerade das wichtig, dass man sich gewinnend darstellt, dass man seine Stärken vorweist und davon überzeugt ist. In der Jesus-Mannschaft ist es offenbar umgekehrt. Wer einen „Job“ bei Jesus  bekommen will, muss sein „Ich“ zurückweisen. Er soll dem Ich keine Beachtung mehr schenken und sich von seinen „Vorzügen“ verabschieden. Er soll sich sagen: Die kenne ich nicht, habe damit nichts mehr zu tun. „Wer sich durchringt, so über sich zu denken, der kann in meine Fußstapfen treten“  Das sagt Jesus den Entschlossensten.

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Cäsarea Philippi liegt ganz im Norden des Landes. Von hier startet Jesus den letzten Weg nach Jerusalem. Heute heißt der Ort "Banias" und ist ein wasserreicher Nationalpark

Darüber hinaus soll er „sein Kreuz auf sich nehmen und so mir nachfolgen.“ Er soll den eigenen Marterpfahl aufheben und sich aufladen. Jesus spricht hier nicht von dem Kreuz, auf dem er später aushauchen wird, sondern das griechische Wort STAUROS bezeichnet einen aufgerichteten spitzen Pfahl. Mit dem Wort sind nie zwei übereinander gelegte Holzstücke gemeint, sondern nur eines, das senkrecht steht. Vielleicht meint Jesus mit dem „Pfahl auf sich nehmen“ das Angebunden -Sein, den Freiheitsverlust, die Zustimmung zur eigenen Schwäche und zum Versagen. Jesus braucht scheinbar nicht Stolze und Selbstsichere, sondern solche, die auch dem Scheitern zustimmen können.

Möglicherweise hat Jesus mit „Kreuz auf sich nehmen“ etwas noch ganz Anderes gemeint, nämlich „den dicken Strich, den Markierungsstrich, den sich jemand auf den Körper prägen lässt“. Das klingt fast nach einem Brandmal auf der Haut, nach einer Tätowierung, die nicht mehr weg zu löschen ist. Jesus könnte sich dabei  auf den Propheten Ezechiel beziehen, der eine Vision beschreibt: „Der Herr sagte zu ihm: Geh mitten durch die Stadt, mitten durch Jerusalem und schreib ein Taw auf die Stirn der Männer, die seufzen und stöhnen über all die Gräueltaten, die  in ihr begangen werden.“ (Ez 9,4) Das Taw-Zeichen könnte die Form eines T oder X haben. Es wird in der messianischen Zeit denen aufgemalt, die sich Gott ganz zur Verfügung stellen. Gott  nimmt Anteil am Leid seines Volkes und tritt gegen die Gräueltaten auf. Dazu braucht Gott Personen, die ihn dabei unterstützen. Diese Menschen, denen die Gräueltaten nahe gehen, bekommen ein Merkmal, ein Taw aufgeprägt. Jesus könnte gerade dieses verbindliche Zeichen meinen, das jemand empfängt, wenn er sich Jesus anschließt. Es ist eher anzunehmen, dass Jesus mit „Kreuz auf sich nehmen und ihm  nachfolgen“ nicht den Kreuzpfahl meint, nicht eine schwere Last. Es sagt ja an anderer Stelle: "Meine Last ist leicht" Eher meint er den „dicken Strich“, den seine Schüler auf die Haut gezeichnet bekommen und dann nicht mehr weglöschen können. Die spätere Kirche hat es „unauslöschliches Merkmal“ genannt, character indelebilis, unauslöschliches Siegel, geistliches Prägemal.  Mit Jesus zu gehen ist nichts Beliebiges, nichts Unverbindliches, nichts Wankelmütiges. Jesus will sich auf seine Mitarbeiter verlassen können. Umgekehrt beklagt Jesus oft, wie treulos die Menschen in der üblichen Gesellschaft sind. Diese Haltung kann er in seinem Schülerkreis nicht brauchen. Wer mit ihm gehen will, der muss sich das Merkmal aufprägen lassen, das unauslöschlich ist. Er verlangt Treue.

„Denn wer sein Leben retten will, wird es verlieren. Wer sein Leben um meinetwillen und um des Evangeliums willen verliert, wird es retten.“  Wie meint er das? Offenbar will er klarstellen, dass  einer sich langfristig selbst schadet, wenn er sein Ich zum Mittelpunkt der Sorge macht. Es führt zum Persönlichkeitsverlust, ständig nur auf sich zu schauen. Die „Welt“ lehrt zwar: „Schau auf dich“. Jesus klärt hingegen auf:  Wer seine ganze Anstrengung darauf richtet, das eigene Glück zu sichern oder gar noch zu steigern, dem zerrinnt es zwischen den Fingern. Er bereitet sich selbst einen großen Schaden. Wer immer nur darauf bedacht ist, dass es ihm selber gut geht, der vermindert die Qualität seines Lebens. „Schau auf dich“ ist kein brauchbarer Weg, um gerettet zu werden. Der Mensch ist von Grund auf ein soziales Wesen und wer anderen Menschen beisteht und sie fördert, bringt damit sich selbst voran. Wer darüber hinaus sogar eigene Vorteile aufs Spiel setzt, weil er das Prinzip des Meisters Jesus weiterführen will, der wird sehen, dass er das eigene Leben gerettet hat. Er hat das eigene Leben in Sicherheit gebracht. Das galt zu Lebzeiten Jesu – er nennt es „um meinetwillen sein Leben verlieren“. Das Prinzip gilt aber bis heute, wo wir Heutigen sein Evangelium lesen und verwirklichen. Da nennt er es „um des Evangeliums willen“. Es kann also sein, dass jemand das einbüßt, was die Welt als Vorteil oder als Genuss sieht. Er büßt es ein, weil er sich ganz für die Gute Nachricht einsetzt. Aber er kann sich darauf verlassen, dass es sich letztlich als Gewinn erweisen wird, als Vorteil, als Rettung.

Was können wir daraus lernen? Jesus vergibt seine Mitgliedschaft nicht zu Billigpreisen. Er macht sie auch nicht beliebig, sondern er erwartet sich Treue. Er stellt hohe Ansprüche. Er verspricht seinerseits Treue und absolute Verlässlichkeit, ja gerade auch die Rettung dann, wenn für andere alles aus ist. Am Weg, den wir mit ihm gehen, hält er manchmal inne und stellt uns die Frage: „Was bedeute ich dir? Welchen Stellenwert nehme ich bei dir ein?“ Wir sollten kein Lippenbekenntnis abgeben: „Ich glaube an dich. Du bist der Messias.“ Es wäre angebracht, innezuhalten und sich zu fragen: Welche sind meine ganz eigenen Christus-Erfahrungen. Bei welchen Gelegenheiten durfte ich ihm begegnen? Wie würde ich ihn von daher benennen. Ehrlich wäre gerade die Anrede, die aus tiefster Überzeugung kommt und die mit eigenen Worten frei formuliert ist.

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