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8.Juni 2025      Pfingsten

Der Beistand wird euch an alles erinnern

Jesus sprach zu seinen Jüngern: Wenn ihr mich liebt, werdet ihr meine Gebote halten. Und ich werde den Vater bitten und er wird euch einen anderen Beistand geben, der für immer bei euch bleiben soll.

Wenn jemand mich liebt, wird er mein Wort halten; mein Vater wird ihn lieben und wir werden zu ihm kommen und bei ihm Wohnung nehmen. Wer mich nicht liebt, hält meine Worte nicht. Und das Wort, das ihr hört, stammt nicht von mir, sondern vom Vater, der mich gesandt hat.

Das habe ich zu euch gesagt, während ich noch bei euch bin. Der Beistand aber, der Heilige Geist, den der Vater in meinem Namen senden wird, der wird euch alles lehren und euch an alles erinnern, was ich euch gesagt habe.

Wenn ihr mich liebt, … Es ist hier nicht so sehr vom Einzelnen die Rede, der Jesus liebt, sondern von der Gruppe. Jesus meint:  Ihr als Gruppe , die ihr zusammenkommt als meine Gemeinschaft,  vertieft dabei die Beziehung zu mir. Für „lieben“ wird das griechische Wort  AGAPE verwendet, nicht PHILIA: AGAPE  bedeutet "jemanden wertschätzen, sich kümmern um jemanden". Die Gruppe drückt darin aus: „Du spielst eine wichtige Rolle in unserem Leben. Wir schätzen dich sehr – wir mitsammen und jeder einzelne von uns. Was täten wir ohne dich? Wir haben das Bedürfnis, mit dir Zeit zu verbringen und nach und nach immer mehr von dir zu erfahren.“

… werdet ihr meine Gebote halten 

Ihr werdet meine Zielvorgaben genau im Auge behalten. Für „Gebote“ gibt es im Griechischen zwei unterschiedliche Worte: ENTOLE bedeutet soviel wie Weisung, Anordnung, dringende Empfehlung. EN-TOLE enthält das Wort TELOS = Ziel. Somit ist mit dieser Art von Gebot eine Zielvorgabe gemeint. Dieses Wort steht hier in diesem Satz. Das zweite griechische Wort für Gebot heißt NOMOS. Es bedeutet Regel, Norm, Vorschrift. Es ist eine strenge Vorgabe, die jeder zu befolgen hat, sonst könnten ihm Strafe drohen. Hier ein paar Textbeispiele für ENTOLE und NOMOS, sie  machen es besser verständlich: „Ein neues Gebot (ENTOLE) gebe ich euch: Liebt einander! Wie ich euch geliebt habe, so sollt auch ihr einander lieben.“ (Joh 13,34) Einander Wertschätzung entgegen zu bringen, das ist eine Zielvorgabe, die wir anstreben sollen, es ist  keine Anordnung, die sich punktgenau befolgen lässt. Im Unterschied dazu Textbeispiele für NOMOS: „Pilatus sagte zu ihnen: Nehmt ihr ihn doch, und richtet ihn nach eurem Gesetz (NOMOS)!“  (Joh 18:31)

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Der Geist Gottes, wie er von Jesus versprochen ist, wird als EIN Feuer erlebt - also als Wir-Erfahrung - und gleichzeitig individuell - also als Einzel-Erfahrung. "Der Vater wird EUCH (der Gruppe) einen Beistand geben..." steht neben "Er wird bei IHM (dem einzelnen) wohnen"

Paulus schreibt den Gemeinden in Galatien, sie sollten nicht meinen, dass Gott die Gläubigen deshalb annimmt, weil sie die Vorschriften genau einhalten: „Alle aber, die aus den Werken des Gesetzes (NOMOS) leben, stehen unter einem Fluch. Denn in der Schrift heißt es: Verflucht ist jeder, der sich nicht an alles hält, was das Buch des Gesetzes zu tun vorschreibt.“ (Gal 3,10) „Einer trage des anderen Last, und so werdet ihr das Gesetz (NOMOS) des Christus erfüllen“. (Gal 6,2) 

„Wenn jemand mich liebt, wird er mein Wort halten“. Das Wort „halten“ bedeutet nicht einhalten, sondern beobachten. Es wird verwendet bei Soldaten, die einen Gefangenen nicht aus den Augen verlieren dürfen, den sie dauernd unter Beobachtung behalten müssen. Auch einen geheimen Schatz wird jemand ständig bewachen. „Wenn ich euch viel bedeute, dann werdet ihr meine Zielvorgaben ständig beobachten“

Und ich werde den Vater bitten, und er wird euch einen anderen Beistand geben, der für immer bei euch bleiben soll. Das “Ich” ist betont durch EGO. “Das bin ich, der den Vater bitten wird.” Wenn Jesus künftig nicht mehr unter ihnen sein wird, so wie sie ihn drei Jahre gewohnt waren, dann werden sie später dennoch nicht verwaist sein. Es ist schon vorgesorgt, nämlich Jesus hat schon vom Vater die Zusage erhalten, dass sie einen Lebens-Helfer bekommen, so wie er einer war für sie. Das griechische Wort PARAKLETOS heißt Beistand, Helfer, Rechtsbeistand. Der juridische Aspekt kommt im entsprechenden lateinischen Wort ADVOKATUS zum Ausdruck. Das Wort  PARAKLET  kommt nur im Joh-Evangelium vor. Der Text sagt wörtlich nicht er wird „bei euch“ bleiben, sondern „mit euch“. Unter „bei euch“ hätte man das Gefühl, er sei irgendwie in der Nähe. Wenn er „mit euch“ ist, dann unterstützt er euch, dann ergreift er für euch das Wort, dann verteidigt er euch, sogar vor einem weltlichen Gericht. „Man wird euch um meinetwillen an die Gerichte ausliefern, … Und wenn man euch abführt und ausliefert, macht euch nicht im Voraus Sorgen, was ihr reden sollt; sondern was euch in jener Stunde eingegeben wird, das sagt! Denn nicht ihr werdet dann reden, sondern der Heilige Geist.” (Mk 13,9f) Er wird für immer mit euch bleiben. Im Griechischen steht anstelle von “immer” das Wort ÄON. Damit ist nicht „Ewigkeit” gemeint, sondern „Weltalter“. Solange die Welt besteht, wird der Beistand mit euch sein.

Hier noch weitere Beispiele, wo das Johannes-Evangelium den Beistand erwähnt. „Wenn aber der Beistand kommt, den ich euch vom Vater aus senden werde, der Geist der Wahrheit, der vom Vater ausgeht, dann wird er Zeugnis für mich ablegen.“ (Joh 15:26) „Doch ich sage euch die Wahrheit: Es ist gut für euch, dass ich fortgehe. Denn wenn ich nicht fortgehe, wird der Beistand nicht zu euch kommen; gehe ich aber, so werde ich ihn zu euch senden“ (Joh 16,7)

Wenn jemand mich liebt, wird er mein Wort halten. Wieder wird für „Liebe“ das Wort AGAPE (dauerhafte Wertschätzung) verwendet, nicht PHILIA (spontane emotionale Beziehung). Ob Jesus jemandem tatsächlich viel bedeutet, das ist daran ablesbar, dass er sein Wort sorgfältig im Auge behält, das Wort, das über Jesus berichtet und das seine Lehre wiedergibt. Er bewacht das Wort wie einen Schatz, den er einmal entdeckt hat und den er nicht mehr verlieren will.

Mein Vater wird ihn lieben. Mein Wort regelmäßig zu beobachten wird nicht ohne Folgen bleiben. Derjenige wird große Wertschätzung von Seiten Gottes erfahren. Es gibt Leute, die Wert darauf legen, von einem großen Publikum geliebt zu werden, manche wollen von Kollegen oder von Vorgesetzten Anerkennung bekommen. Aber vom Vater geliebt zu werden und Bestätigung zu bekommen, ist mehr, das ist unüberbietbar. Es ist vielleicht nicht sofort spürbar, es braucht Zeit. Es liegt in naher Zukunft: Er WIRD ihn lieben.

Und wir werden zu ihm kommen und bei ihm Wohnung nehmen.– Wie ist das Kommen vorzustellen? Vielleicht sind es Momente des Glücks und der Bestätigung, die dem Glaubenden gelegentlich geschenkt werden. Das Wort „Wohnung nehmen“ heißt wörtlich übersetzt „eine Bleibe machen“. Das deutet darauf hin, dass die Momente der Gottesnähe immer häufiger werden und sich allmählich wie etwas Verlässliches anfühlen. Es wird sich von einzelnen persönlichen Erfahrungen ausweiten zu etwas, das ausstrahlt auf das Umfeld desjenigen, der das Wort immer genauer im Auge behält.

Wer mich nicht liebt, hält meine Worte nicht. Es gibt auch Leute unter den Christengruppen, die nur vorgeben, Jesus würde ihnen viel bedeuten. Sie wollen den Anschein erwecken, aber es ist nicht echt, ist nur vorgespielt, es ist nicht ehrlich. Solche Leute gibt es nicht außerhalb der Glaubensgemeinschaft, sondern innerhalb, und zwar gar nicht so selten- auch in den Kirchen von heute. Jesus benennt sie, aber er hält sich zurück mit einen Urteil über sie. Er klärt seine Hörer darüber auf, woran sie erkennbar sind. Diese Leute sind daran zu erkennen, dass sie das Wort nicht sorgfältig unter Beobachtung halten, das Wort, das über Jesus berichtet und das seine Lehre wiedergibt. Andere Themen und andere Texte sind ihnen wichtiger. Manche führen zwar Jesu Worte im Mund, aber ihr tatsächliches Leben sieht nicht danach aus. Diese Personen werden also hier im Evangelium nicht angeklagt, nicht verurteilt. Aber sie werden auch nicht stillschweigend übergangen. Es wird auf sie hingewiesen. Die gibt es einfach.

Und das Wort, das ihr hört, stammt nicht von mir, sondern vom Vater, der mich gesandt hat. Daraus ist herauszulesen, wie bescheiden Jesus ist. Es ist die Bescheidenheit, die er zu seinen Lebzeiten oft an den Tag legte. Er stellte sich nie als der Große hin, der jetzt die ganz neue Lehre bringen würde. Nein, er betont, dass es „Auftragsarbeit“ sei, die er in den drei Jahren gemacht habe. Er ist nicht aufgrund seines eigenen Entschlusses aufgetreten, sondern er wurde gesandt.  Seinen Auftraggeber nennt er VATER. Dieser Satz sagt auch etwas aus über das Selbstverständnis der damaligen Christen. Den Mitgliedern der jungen Kirchen warfen die strenggläubigen Juden ständig vor, sie seien eigenwillig und sie würden den traditionellen Glauben über den Haufen werfen. Dem entgegnen sagten die Jesus-Nachfolger: Unser Meister, unser Messias war ein Gottes-Gesandter.

Das habe ich zu euch gesagt, während ich noch bei euch bin. Das Wort „zu euch gesagt“ heißt nicht „davon habe ich einmal gesprochen“, sondern das Wort LALEO bedeutet einen vielseitigen Zugang im Gespräch. „Ich habe das immer wieder erwähnt“ Die Christengruppen sind überzeugt, dass diese Zusage des PARAKLETEN nicht von ihnen selbst erfunden sei. Das hätten sie sich nicht eingeredet, sondern das gehe zurück auf den damals lebenden Jesus.

Der Beistand aber, der Heilige Geist, den der Vater in meinem Namen senden wird, der wird euch alles lehren und euch an alles erinnern, was ich euch gesagt habe. Nun wird der „Beistand“ noch näher beschrieben und wird gekennzeichnet als das PNEUMA, das soviel bedeutet wie Hauch, Atem, Wind, belebender Windhauch. Er wird „heilig“ genannt. Das Wort „heilig“ sollten wir vom Hebräischen her verstehen: KADOSCH bedeutet „heilig“ im Sinne von „beiseite genommen“ für das, was Gott zusteht. Was „heilig“ ist, wurde in einen abgesonderten Bereich geholt, es ist für das Göttliche vorbehalten. Wer sich auf den „Beistand“ einlässt, der wird also heraus geholt aus dem üblichen oberflächlichen Getriebe der Welt. Wieder wird betont, dass der heilige Hauch in Verbindung steht mit dem Vater und mit Jesus, ja die beiden sind die Voraussetzung und der Ausgangspunkt. Der Geist ist gewissermaßen die „Anwesenheit“ des Vaters, der selber unbegreiflich ist. Der Beistand beweist das Bleiben des Sohnes, der hingegangen ist.

Zwei wichtige Funktionen erwähnt hier das Johannes-Evangelium: Der Beistand wird „alles lehren“. Anscheinend haben die Anhänger Jesu nicht alles begriffen, lange nicht alles verstanden in den 3 kurzen Jahren 27-30, als sie mit ihm gingen. Der Geist ist der „Interpret“ der Worte und des Wirkens Jesu. Das weist auch darauf hin, dass Glauben ein Lernprozess ist.

Der Beistand wird sie an „alles erinnern“. Das heißt, er wird ihnen alles ins Gedächtnis rufen. Alles! Vollständig!  Es wird nichts verloren gehen. Die Zeugen, die Jesus noch selbst erlebt haben, halten Worttreue und sind legitime Verkündiger. Manchmal bekommt man sogar etwas angekündigt, das man zunächst nicht für möglich hält, aber erst, wenn es tatsächlich eintritt, erinnert man sich daran. Dem Petrus ist das widerfahren: „Und Petrus erinnerte sich an das, was der Herr zu ihm gesagt hatte: Ehe heute der Hahn kräht, wirst du mich dreimal verleugnen.“ (Luk 22,61)

Was könnte diese Evangelien-Stelle für uns heute bedeuten? Um die Zukunft zu bewältigen, brauchen wir einen Beistand. Wir brauchen nicht nur die eigenen ausgearbeiteten Pläne und klugen Konzepte. Der Beistand ist uns zwar zugesagt, aber er strömt nicht selbstverständlich herab. Aber er ist gewissermaßen „abrufbereit“. Er ist die Fortsetzung dessen, was die Schüler mit Jesus erlebt haben. Diese Fortsetzung war für die frühen Kirchengemeinden wichtig und sie dauert immer noch an. Der Beistand steht bis heute zur Verfügung, Das geht Hand in Hand mit der regelmäßigen Beobachtung des Wortes Jesu. Eine Nachfolge-Gemeinschaft, die sich vorrangig mit „dem Wort“ beschäftigt und daraus schöpft, wird mehr und mehr in sich gefestigt. Sie lässt sich auf einen Lernprozess ein und wird laufend Lernfortschritte machen dabei.

Impressum

Datenschutz ©Martin Zellinger

Mag. Martin Zellinger              Bibeltheologe, Reiseleiter & Eigentümer Lester Hof

Lest 1, 4212 Kefermarkt          e-mail: m.zellinger@aon.at         Telefon: +43 (0) 699 11 50 66 45

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