top of page

3. Marz 2019

8.Sonntag im Jahreskr.

Früchte betrachten

Lukas 6,39-45

„Es gibt keinen guten Baum, der schlechte Früchte bringt, noch einen schlechten Baum, der gute Früchte bringt. Jeden Baum erkennt man an seinen Früchten.“ Von wem ist hier die Rede? Sind damit die Gläubige gemeint? Werden sie mit Bäumen verglichen von unterschiedlicher Art? Die einen wären die guten Bäume, die anderen die schlechten. Ein Obstbaum von guter Qualität und auf gutem Boden bringt guten Ertrag – das ist selbstverständlich. Was ist daran lobenswert? Ein schlechter Baum, der kein Edelobst ist, kann doch nur kümmerliche Früchte bringen. Was ist daran verwerflich? Worauf will der Vergleich hinaus? Er kann doch keine Aufforderung sein, sich zu bemühen, dass man gute Früchte hervorbringt. Was kann der dafür, der kein Edelobst-Baum ist?

Wir müssen die Bild-Geschichte anderes herum verstehen: Nicht die Bäume fokussieren, sondern die Früchte betrachten und von den Früchten Rückschlüsse auf den Baum ziehen. Auf wen spielt Jesus damit an? In den ersten Zeilen war die Rede vom Führen, von Menschenführung, geistlichen Führern. Ihnen ist die Aufgabe übertragen, dass sie die Menschen, die blind sind für die spirituellen Werte hinführen zum Licht. Sie sind beauftragt, die Menschen zum Heiligen und Heilsamen hinzubegleiten. Was ist aber, wenn die Führer selber das Lichtvolle nie gesehen haben, also selber blind dafür sind. Sie tun nur so, als wären sie vertraut mit den bleibenden Werten. Sie machen den Suchenden nur vor, sie würden sie hinzuführen zum wahren Glanz. Tatsächlich verleiten sie zu etwas, das gar keine wirkliche Leuchtkraft hat. Früher oder später wird das einen großen Verdruss zur Folge haben, wenn nicht einen Absturz. Beide Blinde fallen in die Grube.

Jesus gibt uns eine brauchbare Hilfe zur Einschätzung in die Hand: Betrachtet die Früchte, nicht die Person selber. Wir sollen die Verantwortlichen nicht danach einschätzen, wie sie unmittelbar dastehen, sondern was von ihnen langfristig zu haben ist, was von ihnen ausgeht, was zu ernten ist. Ist die Frucht genießbar, ja sogar gesund und schmackhaft, dann kann man dem Baum vertrauen. Ist die Frucht hingegen kümmerlich oder gar unansehnlich oder bitter, dann verdient der Baum keine weitere Aufmerksamkeit und keine Pflege.

P2220195 web.jpg

Fruchte  in der Altstadt von Jerusalem an nasskaltem Tag Ende Februar

P2220189 web.jpg

Es steht uns zwar nicht zu, ihn zu beseitigen, aber in Ehren halten brauchen wir ihn nicht. Früher oder später wird ihn der Besitzer aushauen oder ein Sturm wird ihn entwurzeln. Mit dem Vergleichsbild empfiehlt uns Jesus, von der Frucht Rückschlüsse auf den Baum zu ziehen. Wir sollen uns nicht beeindrucken lassen von Verantwortlichen mit glänzenden Reden. Prüfen wir, ob sie ausgleichend statt polarisierend sind, ob sie vermittelnd sind statt Fronten aufzubauen, ob sie ermutigend sind statt enttäuschend. Wirkt ihre Anwesenheit in Nachhinein heilsam statt dass sie Spannung erzeugt, beruhigend statt verwirrend, bestärkend statt zermürbend.

Jesus geht nicht ins Gericht mit den religiösen Führern, er klagt sie nicht offen an. Er beschimpft sie nicht wegen ihrer groben Nachlässigkeit. Er übergeht aber auch den Missstand nicht stillschweigend. Wichtig scheint es ihm zu sein, seinen Schülerkreis darüber aufzuklären, dass es solche Leute gibt – und zwar nicht wenige. Sie sind nicht leicht zu erkennen, denn sie machen nach außen hin einen sauberen Eindruck. Ja manche verblüffen sogar, weil sie hoch aufragend dastehen, wie die Disteln am Feldrand. Sie überzeugen durch ihre leuchtkräftigen Blüten. Sie ziehen die Aufmerksamkeit auf sich. Aber wehe wer in ihre Nähe kommt, wer mit ihnen zusammen stehen muss, der bekommt ihre verletzende, kratzende Art zu spüren. Süße Feigen sind von Disteln nicht zu pflücken.

Das heutige Evangelium rüttelt jene Verantwortlichen auf, die bisher wenig Gesundes, Nahrhaftes, Süßes für die riesige Schar der Gläubigen hervorgebracht haben – falls sie sich noch aufrütteln lassen. Die Botschaft tröstet all jene, die leiden unter fruchtlosen Führern, die nur Bäume mit Blätterwerk und bitteren Früchten sind. Diese hungrigen Brüder und Schwestern sollen nicht länger in die sauren Äpfel hinein beißen, sondern mehr auf DAS WORT hinhorchen und sich davon nähren und dessen Süße schmecken.

bottom of page