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24. Mai 2020

7.Sonntag der Osterzeit

Lichterflut ist Herrlichkeit

Joh 17,1-11

Wir hören einen dritten Ausschnitt aus der langen Abschiedsrede Jesu. Der Evangelist platziert sie an das Ende des letzten Paschamahles, bei dem nur sein engster Vertrautenkreis anwesend war. Die Rede ist also nicht für die Allgemeinheit gedacht, sondern für solche, die schon eine gewisse Zeit mit Jesus gegangen sind und Erfahrung mit ihm gesammelt haben. Schon bei den beiden vorigen Abschnitten ist der Eindruck  entstanden, dass die Rede in der Länge und in der Form nicht aus dem Mund Jesu stammt, sondern aus der Feder des Autors. Dieser Anschein verstärkt sich jetzt noch mehr. Der letzte Redeteil ist formuliert wie ein Gebet des scheidenden Jesus, aber bei genauem Hinhören erweist er sich eher als Glaubensbekenntnis der frühen Christengemeinde, also aus der Zeit des Autors. So wollen wir die Rede nun gleich lesen

Die Gemeinde bekennt und glaubt fest:

Dieser Jesus, der vor 60 Jahren gewirkt und gelehrt hat, tat dies aus einer außerordent-lichen Gottesverbundenheit heraus. Am deutlichsten drückte er sie in der Vater-Anrede aus. Die Beziehung war wechsel-seitig: Jedes erfolgreiche Wirken Jesu war ein ständig neuer Hinweis auf die Großartig-keit des Vaters. Vater, verherrliche deinen Sohn, damit der Sohn dich verherrlicht. Das Wort „verherrlichen“ und „Herrlichkeit“ kommt hier auffallend oft vor. Es heißt im griechischen Original-Text DOXA und bedeutet Glanz und hohes Ansehen, das alles überstrahlt. Es ist wie Lichterflut und Scheinwerferlicht. Moderne Shows leisten heute einen gewaltigen technischen Aufwand mit funkelndem und gebündeltem Licht in allen Farben. Das gleißend Helle war immer schon Hinweis auf das Überwältigende, das Göttliche. Das Überstrahlen lässt Ereignisse wie den Tod in völlig neuem Licht erscheinen. Jesus ging dem Tod heldenhaft aufrecht entgegen in der Gewissheit, dass ihm der VATER hinterher die letzte Vollmacht erteilen würde, ihn zur höchsten Autorität erheben würde. Der VATER hat den Gesalbten im Tod gerade nicht fallen gelassen, sondern genau das Gegenteil: Er hat ihm leuchtenden Ruhm und herrlichen Glanz gegeben, einen Glanz, den die Menschheit anerkennen wird, sie kann ihn nicht übersehen. Das war das CREDO der frühen Christen.

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Funkelndes Licht und gebündelte Lichtstrahlen - sie haben Menschen immer schon auf das Göttliche verwiesen: Gebildete Menschen gleichermaßen wie einfältige staunen davor. Im Griechischen heißt Herrllichkeit DOXA und meint eine Flut von Licht.

Das hat zur Folge, dass der Christus seiner Schar Lebenssicherheit vermitteln kann. Die Leute seiner Gefolgschaft werden ein Leben führen, das durch nichts erschüttert werden kann. Letztlich kann ihnen auch der Tod nichts anhaben. Das ist mit „ewigen Leben“ gemeint. Denn du hast ihm Macht über alle Menschen gegeben, damit er allen, die du ihm gegeben hast, ewiges Leben schenkt Sie werden in Laufe ihrer Lebensreifung immer deutlicher zur Erkenntnis kommen, wie nichtig das ist, was so viele Menschen vergöttern. Sie lassen sich von kurzlebigem Glanz in Bann ziehen. Die aber, die zu Christus gefunden haben, werden erkennen, was in Wahrheit „Gott“ ausmacht. Der Christus hat Gott dargestellt – glanzvoll dargestellt. Er, ja genau er, der Christus, war es, er hat das Wirken Gottes auf der Erde zu einem Höhepunkt geführt, so wie es der Plan war, der in der Welt enthalten war. Ich habe dich auf der Erde verherrlicht und das Werk zu Ende geführt.   Die Menschen hatten gewisse Glaubensvorstellungen, ihr Gottesbild war geprägt von verschiedenen Vorgaben und Überlieferungen, guten und unfähigen religiösen Lehrern, von einer schönen oder leidvollen Kindheit. Das alles prägte ihr Gottesbild. Christus hat gezeigt, wodurch sich Gott tatsächlich auszeichnet, was in Wahrheit seinen Namen ausmacht. Christus hat den Namen offengelegt und bekannt gemacht. Nicht alle Menschen haben sich auf dieses neue Gottesbild eingelassen, nicht alle wollten diesen Namen annehmen und ihn sich zu Eigen machen. Nur „seine Schar“ hat den Namen angenommen. Ich habe deinen Namen den Menschen offenbart, die du mir aus der Welt gegeben hast

Die Gemeinden der 90er Jahre, die der Evangelist vor Augen hat, waren einem scharfen Gegenwind ausgesetzt. Er kam aus politischer und allgemein-gesellschaftlicher Richtung. Dazu gab es Zerreißproben von innen her. Häufig aber kamen die Angriffe aus der Richtung der traditionellen Religion. Das etablierte Judentum war in den 80er Jahren offiziell dazu übergegangen, alle auszuschließen, die sich zu dem Messias Jesus bekannten. Diese jedoch waren immer fester davon überzeugt, dass er der von Gott Gesandte war.

Ein sicheres Mittel, um zu bestehen in dem Gegenwind, war damals (und ist es auch heute) die Einigkeit, der Zusammenhalt, die gegenseitige Wertschätzung statt Herabwürdigung, das Aufarbeiten von Zwistigkeiten.  So schließt dieser Abschnitt: „ ... damit sie eins sind wie wir.“ Der Evangelist formuliert es zwar als Gebet Jesu, meint es aber zugleich als dringende Mahnung an seine Leser: Lasst drohende Spaltungen keinesfalls weiter aufreißen. Tut alles, um auf einen gemeinsamen Nenner zu kommen. Die herzliche Verbundenheit untereinander soll Christen auszeichnen. Sie muss laufend gepflegt werden. Es gibt viele Gründe, warum Einigkeit so wichtig ist. Der tiefste Grund liegt darin, dass unser Gründer selbst immer die Übereinstimmung mit dem VATER gesucht hat. Seine Einigkeit mit dem VATER muss sich in unserer Gemeinschaft abbilden und fortsetzen, muss erkennbar sein für andere. Die Art, wie wir miteinander umgehen und wie wir Eins sind, sie wird zum ersten Gottesbeweis vor der Welt.

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