25. Aug 2019
21.Sonntag im Jkr
Strengt eure Muskeln an!
Lukas 13,22 – 30
Er zog durch die Städte und die Dörfer. Dabei lehrte er und die Wegrichtung, die er einschlug und durchhielt war unverkennbar Jerusalem.
Da stellte ihn jemand eine Frage: „Herr, stimmt es, dass nur wenige gerettet werden?“ Das war keine beiläufige oder neugierige Frage, sondern eine, die viele beschäftigt – seine nahen Begleiter fragten sich das genauso wie Fernstehende. Deshalb ist der Fragesteller auch nicht näher beschrieben, Lukas lässt es offen, wer das fragt. Den meisten Menschen ist bewusst, dass es zu einer Endabrechnung kommen wird und viele sind sich unsicher, ob sie heil durchkommen werden. Viele bangen vor der globalen Katastrophe und erhoffen sich irgendwie eine Rettung. Sie befürchten, dass nur die Guten durchkommen.
Der Herr gibt keine Antwort darauf, ob viele oder wenige gerettet werden. Stattdessen macht er einen dringenden Aufruf. Dabei spricht er nicht den Fragesteller allein an, sondern eine Mehrheit: „Kämpft wie Leistungssportler, damit ihr durch das enge Zieltor hindurch kommt. Gebt euer Bestes, denn das Tor ist schmal, man könnte es verfehlen. Strengt alle Muskeln an.“ Lukas benützt für „kämpfen“ dasselbe Wort, das schon Paulus in den 50er Jahren verwendet hat. Es mit „sich bemühen“ zu übersetzen (so die Ein-heitsübersetzung), ist zu schwach, denn Paulus spricht eindeutig vom sportlichen Wettkampf: „Jeder Wettkämpfer lebt aber völlig enthaltsam; jene tun dies, um einen vergänglichen, wir aber, um einen unvergänglichen Siegeskranz zu gewinnen.“ (1Kor 9,25)
Der Herr ergänzt mit Nachdruck: „Das sage ich euch mit aller Deutlichkeit: Viele werden den Versuch machen, hineinzugelangen. Sie tun es ohne ernsthafte Anstrengung, sondern sie sagen sich nur: Na, probieren wir es auch. Aber das kann ich euch mit Sicherheit sagen: Da ist zu wenig Entschlossenheit dabei! So billig geht es nicht! Auf diese leichte Weise werden sie nicht in der Lage sein hinein zu gelangen. Da werden sie die Kraft nicht dazu haben.“
Ehrung von siegreichen Athleten im antiken Griechenland.
Der Herr macht es noch anschaulich, indem er seinen Zuhörern eine prächtiges Haus und dessen Besitzer vor Augen stellt: „Der Hausherr erweckt den Eindruck, dass er schläft. Wenn aber der Hausherr sich erhoben haben wird – ja der Herrscher über den Welthaushalt wird sich mächtig aufrichten – und wenn er die Tore zugeschlossen haben wird – ja es wird einen Torschluss geben – dann werdet ihr draußen stehen und anfangen, an das Tor zu klopfen und sagen: >Herr! Allmächtiger! Wir bekennen dich doch als Herrn. Mach uns auf!< Er wird eine klare Antwort für sie bereit haben, denn er wird ihnen sagen: >Euch aufmachen? Nein, euch kenne ich nicht! Ihr seid mir nicht vertraut. Ihr? Woher ihr seid, weiß ich nicht. Aus welchem Lager kommt ihr? Ich habe keine Ahnung, jedenfalls nicht aus dem Lager, das mir vertraut ist.<
Dann werden sie anfangen aufzuzählen, was sie doch alles mit ihm verbindet: >Wir haben in deiner Gegenwart gespeist und getrunken. An dem Mahl haben wir teilgenommen mit dem heiligen Brot und dem Wein, wo du gegenwärtig bist. Wir haben es dir ermöglicht, dass du auf unseren Straßen eine Rednerbühne bekommen und Vorträge gehalten hast. Wir haben dich zu Lehrveranstaltungen in unsere öffentlichen Räumlichkeiten eingeladen und dich frei sprechen lassen. Wir standen unter deinen Zuhörern. Wir haben deine Lehre nicht behindert.<“ (Mit den Straßen ist der Schauplatz gemeint, wo sich das öffentliche Leben abspielt. In manchen Ortschaften war es Jesus ja verwehrt zu lehren, später auch den Aposteln, die seine Lehre öffentlich verbreitet haben.)
Und der Herr wird darauf ein deutliches Wort sprechen: „Euch sage ich: Ich kenne euch nicht! Ihr redet mich zwar mit >Herr< an, ihr zählt euch zu Teilnehmern an meinem Mahl und meinen Vorträgen, aber es besteht keine Bekanntschaft zwischen uns, erst recht nicht eine verlässliche Beziehung. Stellt euch weg von mir. Ihr seid alle Vollbringer von etwas Unrechtem. Ihr seid alle Arbeiter an etwas, das nicht in Ordnung ist. (Im Origionaltext steht nicht „ihr habt Unrecht getan“, sondern „ihr seid Arbeiter des Unrechts“, „ihr seid Mitwirkende“) Ihr habt mitgearbeitet an der üblichen Welt von Rücksichtslosigkeit und Eigensinn. Aus dieser Ecke kommt ihr. Mit der habe ich nichts zu tun, daher kenne ich euch nicht.
Dort wird es ein Gejammer geben und ein wütendes Knirschen mit den Zähnen, wenn ihr das seht: Der Urvater des Glaubens Abraham und dessen Sohn Isaak und wieder dessen Sohn Jakob, der Betüger und Gottesstreiter, und alle mutigen Glaubensboten der Vergangenheit, die Proheten, sie alle werden in der Königsherrschaft Gottes drinnen sein, ihr aber müsst vor der Tür draußen bleiben, als hinaus Geworfene.
Und sie werden kommen vom Aufgang und vom Untergang, also von Osten und Westen, und sie werden kommen vom Norden und Süden und sie werden feierlich Platz nehmen an der Festtafel in der Königsherrschaft Gottes.
Und sieh an, sieh an! Es werden hochrangige Leute zurück gestuft auf den letzten Platz und solche die bescheiden ihren Dienst auf der untersten Ebene getan haben, werden aufgewertet in die ersten Ränge. Es wird also eine erstaunliche Umschichtung der Ränge geben. Von oben nach unten und von unten nach oben."
Was Lukas hier weitergibt aus der ursprünglichen Botschaft Jesu, das ist harte Kost. Manches gibt er verändert wieder im Vergleich zum ursprünglichen Text. In der ihm vorliegenden Spruchquelle Q etwa stand: „Tretet ein durch die enge Tür.“ Er steigert: „Strengt euch wie Wettkämpfer an, um durch die enge Tür hinein zu kommen.“ Dass der Herr die Menschen aus verschiedenen Himmelrichtungen sammeln wird, hat Lukas bei Jesaja gelesen: „Fürchte dich nicht, denn ich bin mit dir! Vom Aufgang der Sonne bringe ich deine Kinder herbei und vom Untergang her sammle ich dich.“ (Jes 43,5) Lukas erweitert diese Willkommensgeste Gottes alle vier Himmelsrichtungen: „Von Osten und Westen und von Norden und Süden werden sie kommen.“ Beim verschlossenen Tor geht es nicht darum, ob jemand in den Himmel eingelassen oder in die Hölle verstoßen wird. Es geht um Entscheidungen im laufenden Leben. Lukas erlebt eine Verflachung des Christentums in den 90er Jahren und schreibt dagegen an. Viele Mitglieder sind wohlhabend. Der Taufe haben sie sich freudig unterzogen, aber inzwischen leben sie wieder schön oberflächlich im Sog der Zeit mit. Sie nehmen zwar noch regelmäßig am der Mahlfeier teil, von der sie glauben, dass der Herr gegenwärtig ist. Sie meinen, dass sie das Evangelium angenommen haben und hin und wieder sind sie auch einer Weiterbildung nicht abgeneigt. Das tut ihnen gut. Aber sonst kommen sie nicht auf die Idee, sich für das Evangelium und dessen Verwirklichung anzustrengen oder gar etwas aufs Spiel zu setzen. Darin sind Ähnlichkeiten mit unserer christlichen Wohlstandswelt zu beobachten. Lukas verschont auch uns heute nicht mit unmissverständlichen Worten. Die Frage stellt sich nicht: „Bin ich unter den Geretteten? - Komme ich in den Himmel? Wer kommt in die Hölle?“ Das ist Erlösungs-Egoismus. Eher soll sich ein Getaufter fragen: "Kämpfe ich nach besten Kräften wie ein Sportler, dass ich hineintreffe in das schmale Tor?" Nicht mit dem Fußball, sondern mit meinem Leib, meinem Denken, meinem Vorhaben.