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17. Juni 2018

11.Sonntag i.Jahr

Der Zukunftsweg? Ist er zu machen oder entwickelt er sich?

Markus 4,26-35

Für Bibelkundige ist es wohl bekannt, dass das Markus-Evan-gelium das erstverfasste ist und Matthäus und Lukas 10–15 Jahre später es ausweiten, indem sie vor allem Jesus-Worte hinzu-fügen. Offenbar haben das beide bemängelt bei Markus. Seltsamerweise nehmen sie das Saat-Gleichnis nicht in ihre Abschrift auf. Warum wohl? Vielleicht scheint es ihnen zu blass und aussageschwach. Wer es aber sorgfältig betrachtet, findet weitreichende Aussagen in den wenigen Sätzen.

Die neu erschienene Einheitsübersetzung bringt leider die Schärfe des Originaltextes nicht heraus.

Jesus lehrt: „Mit der Herrschaftsordnung Gottes ist es wie mit einer Person (nicht „ein Mann“, es kann auch eine Frau sein!), die eine Initiative setzt: Sie wirft Saatgut auf die Erde.“ Wörtlich übersetzt ist vom >Werfen< die Rede und das ist kraftvoll. Heute haben die Landmaschinen dieses starke Bild verdrängt, aber manche aus der älteren Generation, die am Bauernhof aufgewachsen sind, haben noch ihren Vater vor Augen, wie er über das Feld schreitet und ehrfurchtsvoll das Saatgut Schwung für Schwung auf den Ackerboden >wirft<. Diese Arbeit ließ der Vater nicht einem Knecht machen, es war seine Ehrenaufgabe. Dann erklärt Jesus weiter: „Er gönnt sich daraufhin den Schlaf, den braucht er! So kann er zeitgerecht wieder aufstehen, sobald der Morgen graut. Der Wochenrhythmus nimmt seinen Lauf. Es wechseln Tag und Nacht, helle Stunden und dunkle. Davon unbeirrt keimt der Same, das heißt er treibt die erste weiße Wurzelspitze in den Boden, um sich zu verankern und sich mit Nährstoffen zu versorgen. Gleichzeitig wächst der Same hoch, das heißt er streckt sein erstes Blattgrün der Sonne entgegen, um Energie zu sammeln. Wie das Geheimnis des Keimens und Wachsens genau vor sich geht, das entzieht sich seiner Kenntnis. Er muss auch nicht alles wissen, er kann es geschehen lassen. Die jeweilige Erde bringt zwar von selbst den Ertrag (Originaltext: automate), aber nicht jeder Boden bringt denselben. Die Bodenqualität lässt sich etwas verbessern, aber dennoch bestimmt die Bodenstruktur und die Region, welche Frucht dort gedeihen kann. Das Wachstum erfolgt nicht rasant, sondern Schub um Schub: Zuerst streckt sich der Halm in die Höhe, es ist das Längenwachstum. Dann wird die Ähre angesetzt, das ist der Behälter, der nur anfangs nützlich ist, nach der Ernte aber ausgeschieden wird.

Die antike Stadt Gamla am Golan hat sich im Jahr 67 n.Chr. von der Zeloten-Partei davon überzeugen lassen: Dass das Reich Gottes kommt, liegt ganz in unserer Hand!

In der ausgegrabenen Synagoge von Gamla stellen wir die damaligen Parteien dar, die alle mit unterschiedlichem Konzept eine neue Zukunft unter der Herrschaft Gottes versprochen haben.

Die Stadt Gamla war das erste Angriffsziel zu Beginn des von Nero befohlenen Jüdichen Krieges (67-72 n.Chr.) und ist nach hartnäckigem Widerstand der Zeloten gefallen.

Erst in der Schlussphase reift das volle Korn in der Ähre heran. Wann genau ist der Zeitpunkt für die Ernte da? Sobald die Frucht ausgeliefert wird! Der Originaltext verwendet hier das bedrohliche Wort „ausliefern“, das sonst in Verbindung mit der Tat des Judas gebraucht wird. Jetzt schickt die Person das scharfe Erntewerkezug aus: die Sichel. Sie setzt einen Schnitt. Der ist immer schmerzvoll, aber er ist nötig, damit das ganze Projekt zur Vollendung kommt.  Die Ernte verlangt wieder den vollen Einsatz, sogar noch mehr als der Anfang, aber sie ist eng verbunden mit dem Feiern.“ Die Alten von uns können sich noch erinnern: Wenn in der Scheune den ganzen Tag die Dreschmaschine gelaufen ist, wurde noch am selben Abend gefeiert. Es gab frische Bauernkrapfen, Most oder Wein und es wurde getanzt.

Die kurze Lehrgeschichte bekommt zusätzlichen Gehalt, wenn man sie im Kreis mit Gruppenteilnehmern und Gegenständen anschaulich aufstellt. Wer dazu keine Gelegenheit hat, kann den Kreis wie das Ziffernblatt einer Uhr aufzeichnen und die Kernworte aus dem Evangelium hinschreiben. Bei 6 Uhr steht die Person als Strichmännchen. Bei 7 eine Hand voller Samen – bei 8 das Bett zum Schlafen – bei 9 hell und dunkel, Tag und Nacht – bei 10 „der Same keimt“ nach unten „und wächst“ nach oben – bei 11 die Erde bringt von selbst ... – bei 12 nicht wissen – bei 13 zuerst den Halm, dann die Ähre – bei 14 das volle Korn – bei 15 sobald die Frucht ausgeliefert wird – bei 16 legt er die Sichel an – bei 17 Zeit der Ernte ist da – bei 18 wieder die Person. Anhand diese Bildes kann man noch den Fragen nachgehen und farblich ergänzen: Wo erstrecken sich die tätigen Abschnitte, wo die erwartungsvollen? Wo ordne ich mich selbst mit meiner derzeitigen Lebensphase ein? Warum beschreibt Jesus eine einzelne Pflanze, wo doch sonst von der Saat, der Erde und der Ernte die Rede ist? Was bedeutet die Lehrgeschichte für Pfarrprojekte oder den Zukunftsweg der Diözese? Fest anpacken und verändern – oder –nicht wissen und selbständige Entwickelungen begleiten ... oder beides?

Ich freue mich über die bereits erhaltenen und hoffe auf weitere Leser den ganzen Juni.

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